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Endovaskuläre Behandlung des akuten Aortensyndroms (Aortendissektion)

Das akute Aortensyndrom umfasst verschiedene akut potentiell lebensbedrohliche Erkrankungen der thorakalen (Brustaorta) bzw. thorakoabdominellen Aorta (Brust- als auch Bauchschlagader). Hierzu gehören die klassische Aortendissektion (Riss in der inneren Schicht der Hauptschlagader), das intramurale Hämatom (IMH; Einblutung in die Aortenwand), das penetrierende Aortenulkus (PAU; Austritt von Blut durch die Gefäßwand bei Plaqueruptur) und die inkomplette Dissektion (eine Sonderform der Aortendissketion).

Je nach Typ der Aortendissektion und Akuität der Erkrankung stehen verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung – medikamentös, Operation oder minimalinvasive endovaskuläre Therapie. In letzterer sind die interventionell tätigen Radiologinnen und Radiologen der Abteilung für Radiologie und Nuklearmedizin spezialisiert. Die komplizierte Form des akuten Aortensyndroms wird inzwischen meist endovaskulär, in manchen Fällen auch noch chirurgisch therapiert.

Bei der klassischen Aortendissektion kommt es zu einem Einriss der inneren Gefäßwandschicht Tunica intima. Der Blutfluss dringt zwischen die innere und mittlere Gefäßwandschicht Tunica media, so dass es zum Ablösen der Tunica intima kommt, mit Ausbildung von zwei durchflossenen Kanälen, dem „wahren“ und dem „falschen“ Lumen.

Verschiedene Faktoren erhöhen das Risiko für das Auftreten einer Aortendissektion, zum Beispiel ein nicht oder nur unzureichend behandelter Bluthochdruck oder eine zugrundeliegende Bindegewebsschwäche (z. B. Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom).

Beim intramuralen Hämatom (IMH) kommt es zu einer Verletzung der primär die Aortenwand versorgenden Gefäße (vasa vasorum privata) mit sekundärem Einbluten in die Gefäßwand.

Ein intramurales Hämatom kann prinzipiell auch nach einer Thrombose von speziellen Gewebeschädigungen der Aortenwand resultieren.

Eine Intimaverletzung mit einem Hals größer als drei Millimeter („focal intimal disruption“, „ulcer-like projection“) bietet ein deutlich höheres Risiko als die vorgenannte Situation. Meist ist unter intensiver medikamentöser Therapie ein Fortschreiten zu beobachten – sowohl der Intimaruptur als auch der Einblutung in die Aortengefäßwand.

Das penetrierende Aortenulkus (PAU) ist Resultat einer aufgebrochenen Aortenwand aufgrund einer assoziierten Gefäßverkalkung bei schwerer Atherosklerose (eine Form der Arteriosklerose): Die Aortenwand hält nicht mehr dicht, das Blut durchbricht (penetriert) das Blutgefäß. Eine PAU ist sehr gefährlich, da es abhängig von der Ausdehnung bis zur Aortenruptur zum Durchbruch der gesamten Aortenwand kommen kann.

Untersuchungen bei einem akuten Aortensyndrom

Bei Verdacht auf eine akute Aortenerkrankung muss die Diagnose schnell bestätigt oder ausgeschlossen werden. hierzu eignet sich insbesondere eine kontrastmittelverstärkte Computertomografie (CT). Denn eine Bildgebung auf höchstem Niveau und zugleich niedriger Strahlendosis mit EKG-Triggering und Atemkontrolle, um Bildstörungen in Folge von (unwillkürlichen) Bewegungen der zu untersuchenden Person zu verhindern, ist dabei essentiell für höchste Bildqualität und präzise Entscheidungen für die weitere Therapie.

Neben der bildgebenden Diagnostik beziehen wir auch die Symptomatik der Betroffenen in die weitere, gegebenenfalls zeitnahe Therapieentscheidung ein. Bei klinischen Zeichen einer Mangelversorgung der Bauchorgane besteht umgehender Handlungsbedarf.

Fallbeispiele in der diagnostischen Bildgebung

Die Angiografie bei einer komplizierten Typ-B-Dissektion bei einer betroffenen Person mit akuten Bauchschmerzen als Hinweis auf eine Darmischämie (Durchblutungsstörung des Dick- oder Dünndarms) zeigt die Kontrastierung der Aorta und der linken Niere. Allerdings fehlt die Versorgung der rechten Niere (im Bild links) und des gesamten Darmes.

Die Angiografie bei einer erkrankten Person mit komplizierter Typ-B-Dissektion und Bauchschmerzen illustriert das Bild einer Darmischämie (Durchblutungsstörung des Dick- oder Dünndarms) durch die weitgehende Verlegung des Querschnittes der thorakoabdominellen Aorta aufgrund eines Kollaps des wahren Lumens. Die Baucharterien (Truncus coeliacus und Arteria mesenterica superior) sind nur marginal versorgt und „schweben“ abgelöst von der Aorta („floating visceral arteries“).

Modifiziert nach https://doi.org/10.1016/j.jtcvs.2014.07.053 


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Behandlung eines akuten Aortensyndroms in der Interventionellen Radiologie

Abhängig von der Lokalisation (die Stanford-Klassifikation dient uns der Einteilung einer Aortendissektion) und der Größenausdehnung des akuten Aortensyndroms, ist eine sofortige offen-chirurgische Operation, ein umgehendender minimalinvasiver Eingriff (endovaskuläre Therapie) oder eine elektive, also nicht-notfallmäßige Behandlung der Gefäßerkrankung im weiteren Verlauf angezeigt.

Am Robert Bosch Krankenhaus legen wir eine Behandlungsempfehlung immer erst nach Besprechung der uns vorliegenden Befunde in der interdisziplinären Gefäßkonferenz, an der Spezialist:innen der Kardiologie und Angiologie, der Herz- und Gefäßchirurgie sowie der Interventionellen Radiologie teilnehmen, fest. Ebenso orientieren wir uns an der jeweiligen Lebenssituation und den Bedürfnissen der Patientin:des Patienten.

Bei einer Typ-A-Dissektion kommt es bereits im aufsteigenden Anteil der Aorta (Aorta ascendens, herznahe Aorta) zur Blutung, diese kann sich über die gesamte Länge der Aorta ausbreiten. Die akute Typ-A-Dissektion ist ein lebensbedrohlicher Notfall und bedarf meist eines sofortigen operativen Ersatzes der Aorta ascendens durch die Spezialist:innen der Abteilung für Herz- und Gefäßchirurgie.

Beginnt die Dissektion erst im absteigenden Teil der Aorta (Aorta descendens), liegt eine Typ-B-Dissektion vor. Ist die Dissektion „unkompliziert“, sind eine medikamentöse Behandlung des Blutdrucks und der Schmerzen sowie regelmäßige Kontrolluntersuchungen ausreichend.

Bei der „komplizierten“ Typ-B-Dissektion bestehen die Schmerzen häufig fort, auch lässt sich der Blutdruck meist schwer einstellen. Die Aorta dehnt sich weiter aus oder reißt gar. In diesem Fall können wir den Riss in der Gefäßwand meist im Rahmen eines schonenden interventionell-radiologischen Verfahrens mittels Stentgraft-Prothesen abdichten. Eine chirurgische Operation mit Eröffnung des Brustkorbes ist heute bei Typ-B-Dissektionen nur noch selten erforderlich.