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Anämie (Blutarmut)

Anämien, umgangssprachlich Blutarmut genannt, treten in vielen verschiedenen Formen auf, die sich hinsichtlich ihrer Ursachen und Auswirkungen unterscheiden.

Die einzelnen Anämie-Formen lassen sich zum einen nach ihren Ursachen und zum anderen danach unterteilen, ob sie angeboren oder erworben sind. Bei den angeborenen Formen der Blutarmut liegen meist krankhafte Veränderungen von Genen vor, die bei der Blutbildung eine wichtige Rolle spielen. Zu solchen Defekten kommt es oft im Zusammenhang mit bestimmten Erbkrankheiten.

Ursachen der erworbenen Formen können unter anderem der Mangel an bestimmten Vitaminen wie Vitamin B12, Blutverluste, schwere Nierenerkrankungen, eine Schilddrüsenunterfunktion oder bösartige Tumorerkrankungen sein. Die Behandlung der Anämie richtet sich nach der Ursache.

Die Spezialist:innen der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin zeichnen sich durch ihre langjährige Erfahrung und ihre hohe Fachkompetenz zur Behandlung von Anämien aus. Die Abteilung ist Partner im Onkologischen Zentrum am Robert Bosch Krankenhaus.

 

In diesem Fall geht die Anämie auf Blutverluste zurück. Während akute Blutverluste als Folge von größeren Verletzungen oder während einer Operation auftreten, liegt die Ursache der chronischen Blutverluste häufig in unsichtbaren inneren Blutungen wie etwa aus dem Magen-Darm-Trakt oder der Gebärmutter. Man spricht dann von okkultem Blut.

Bildungsstörungen der roten Blutkörperchen, Erythrozyten, können unterschiedliche Ursachen haben. So kann eine Knochenmarkerkrankung zu einer deutlichen Verminderung der blutbildenden Stammzellen führen. Weitere Ursachen können Mangelzustände an Stoffen sein, die zur Bildung der roten Blutkörperchen oder des roten Blutfarbstoffs notwendig sind – etwa ein Mangel an Eisen, Vitamin B12 oder des Wachstumsfaktors Erythropoetin.

Zu dieser Form der Blutarmut gehören die aplastische und renale Anämie sowie die Eisenmangelanämie.

Als Hämolyse bezeichnet die Medizin den Abbau der roten Blutkörperchen. Ist dieser krankhaft gesteigert, kann der Grund dafür direkt bei den Erythrozyten selbst liegen. Dazu zählen Defekte an der Zellmembran des roten Blutkörperchens oder bestimmte Störungen bei einzelnen Blutbestandteilen. Die Ursache für die gesteigerte Hämolyse kann auch außerhalb der Erythrozyten angesiedelt sein. Dabei handelt es sich oftmals um Virusinfektionen oder Autoimmunkrankheiten.

Anämien mit dieser Genese heißen hämolytische Anämien. Die häufigsten sind die Kugelzellenanämie, autoimmunhämolytische Anämie, Thalassämie und Sichelkrankheit.

Aplastische Anämie

Die Ursache der aplastischen Anämie ist wie erwähnt eine gestörte Bildung der roten Blutkörperchen.

Zu den typischen Beschwerden dieser Anämie, die sich für gewöhnlich langsam binnen mehrerer Monate entwickeln, gehören deutlicher Leistungsabfall, Erschöpfung und Blässe. Gleichzeitig sind häufig die weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen erniedrigt. Dies führt zu einer Abwehrschwäche und einer dadurch bedingten erhöhten Anfälligkeit für Infektionen sowie zum Auftreten von blauen Flecken ohne Stoßverletzung.

Zunächst wird im Blutbild nach Hinweisen gesucht. Haben sich dabei Indizien ergeben, erfolgt eine Knochenmarkbiopsie. Wird bei der Untersuchung der dabei entnommenen Proben ein deutlicher Rückgang von Knochenmarkzellen festgestellt, ist die Diagnose aplastische Anämie gesichert.

Um die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen und Blutplättchen vorübergehend zu erhöhen, erfolgen Transfusionen. Die dauerhafte Therapie der aplastischen Anämie richtet sich nach der Ausprägung der Zellarmut, dem Lebensalter und den vorliegenden Begleiterkrankungen. Jungen Patient:innen wird eine Stammzelltransplantation empfohlen. Diese intensive Behandlung ist deshalb angezeigt, da vor allem schwere unbehandelte Formen dieser Blutarmut durchaus tödlich verlaufen können. Ist die Transplantation von Stammzellen nicht möglich, erhalten die Patient:innen Immunsuppressiva, um das Immunsystem zu unterdrücken und die Regeneration der Knochenmarkstammzellen zu ermöglichen.

Zentrum für Stammzell- und Knochenmarktransplantation

Das Zentrum für Stammzell- und Knochenmarktransplantation am Robert Bosch Krankenhaus ist das einzige nach europäischen Richtlinien (JACIE) zertifizierte Zentrum in Stuttgart. Seit vielen Jahren werden hier autologe und allogene Stammzelltransplantationen in zertifizierter Qualität durchgeführt.

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Eisenmangelanämie

Blutarmut durch Eisenmangel entwickelt sich in der Regel sehr langsam, da es mehrere Monate und bis zu einem Jahr dauern kann, bis unser Körper seine Eisenreserven angreift und im schlimmsten Fall aufbraucht. Mit dem sukzessiven Abbau der Eisenreserven produziert das Knochenmark immer weniger rote Blutkörperchen. Sind die Reserven schließlich erschöpft, gibt es nicht nur weniger, sondern auch viel kleinere Erythrozyten.

Eisenmangel ist eine der häufigsten Ursachen für eine Anämie und eine der häufigsten Mangelerkrankungen weltweit. Etwa jede zweite betroffene Person mit chronischer Herzschwäche leidet unter Eisenmangel: Ein bedeutender Faktor für die Prognose dieser Erkrankung, der lange unterschätzt wurde. Auch Menschen mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung haben sehr häufig Eisenmangel: Sechzig bis achtzig Prozent aller CED-Patient:innen sind davon betroffen, bei etwa einem Drittel liegt eine Eisenmangelanämie vor. Eine Folge der Blutungen im Darm und der krankheitsbedingt herabgesetzten Resorption von Eisen aus der Nahrung.

Wichtigstes Alarmsignal für eine Eisenmangelanämie ist sinkende körperliche und geistige Belastbarkeit sowie Müdigkeit. Weitere Anzeichen sind Konzentrationsschwäche, Reizbarkeit, Kreislaufstörungen und ein geschwächtes Immunsystem.

Die Diagnose einer Eisenmangelanämie ist mittels weniger Laborparameter einfach und effizient durchzuführen. Von Bedeutung sind dabei vor allem die Spiegel von Serum-Ferritin und C-reaktivem Protein (CRP) sowie von Hämoglobin (Hb).

Über die Ernährung lässt sich der Mangel bei einer Eisenmangelanämie nicht ausgleichen. Deshalb muss das Speichereisen durch Eisenpräparate über einen längeren Zeitraum hinweg gezielt aufgestockt werden. Die orale Eisengabe ist unter anderem aufgrund von Nebenwirkungen und bei Patient:innen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen oftmals durch die sogenannte Hepcidin-Blockade beeinträchtigt. Deshalb empfiehlt sich die intravenöse Eisengabe: Durch i.v.-Eisenpräparate können die Patient:innen rasch und effizient mit Eisen versorgt werden.

Hämolytische Anämie

Zu dieser Form gehören mehrere Formen von Blutarmut. Deren Ursache ist ein krankhaft übersteigerter Abbau der Erythrozyten, der roten Blutkörperchen.

Betroffene leiden unter Müdigkeit, sind blass und wenig leistungsfähig und haben häufig eine Gelbfärbung von Augen und Haut. Auch der Urin kann sich in Folge einer erhöhten Ausscheidung der Abbauprodukte der roten Blutkörperchen (Bilirubin) braun verfärben.

Bedeutsam ist hier die Krankengeschichte der Patientin:des Patienten. Bei Patient:innen mit Migrationshintergrund finden sich häufig angeborene Formen der hämolytischen Anämie wie die Sichelzellerkrankung oder eine Thalassämie oder auch ein Glucose-G-Phosphat-Dehydrogenase-Mangel. Dieser zeichnet sich in aller Regel durch ein plötzliches Gelbwerden der Skleren, der weißen äußeren Hülle des Augapfels, (über Nacht) aus.

Eine typische erworbene Ursache wäre die Bildung von Antikörpern gegen die roten Blutkörperchen. Diese Antikörper können durch einen Bluttest nachgewiesen werden. Neben der Anamnese (Erfragen der Krankheitsgeschichte) bietet zudem der Blutausstrich erste wichtige Hinweise auf die Ursache.

Bei erworbenen Ursachen wie einer Hämolyse durch das Immunsystem kommen Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, zum Einsatz, wie zum Beispiel Kortison. Bei den angeborenen Ursachen unterscheidet sich die Behandlung je nach der vererbten Ursache.

Sichelzellerkankung

Bei der Sichelzellerkrankung sind die roten Blutkörperchen nicht rund und glatt, sondern nehmen immer wieder eine spitze, die namensgebende Sichelform an. Diese Zellen können in den Blutgefäßen der Organe stecken bleiben und starke Schmerzen hervorrufen.
Die Behandlung zielt daher vor allem auf die Vermeidung von Schmerzkrisen und nicht auf die Behebung der Blutarmut ab. Basismedikament ist Hydroxyurea. Auch sind neuere Substanzen in Entwicklung oder auch schon zugelassen (z. B. Voxelotor). Daneben wir derzeit der Stellenwert und vor allem die Durchführbarkeit einer allogenen Stammzelltransplantation im Rahmen einer klinischen Studie überprüft. Die Teilnahme an dieser Studie ist in unserer Klinik möglich.

Bei der Beta-Thalassämie sind drei Formen zu unterscheiden.
Jedes Hämoglobinmolekül enthält zwei Beta-Ketten. Fehlt eine solche Kette, liegt eine
Beta-Thalassämie minor vor. Diese Anämieform kann mit einer Eisenmangelanämie verwechselt werden.
Fehlen beide Beta-Ketten liegt eine Thalassämie major vor. Diese Patient:innen benötigen schon im frühen Kindesalter regelmäßig Transfusionen. Eine Besonderheit ist hierbei, dass der Hämoglobinwert, kurz Hb-Wert, nicht unter einen Wert von 9,5 g/dl (g/dl: Gramm pro Deziliter) abfallen sollte, damit das Knochenmark möglichst wenig eigenes Blut bildet.

Die dritte Form ist die Thalassämie intermedia. Hier werden noch Beta-Ketten gebildet. Je nach Menge der gebildeten Ketten, können Betroffene ebenfalls Transfusionen benötigen.

Da jede Bluttransfusion dem Körper eine große Menge Eisen zuführt, ist es für Patient:innen mit einer Thalassämie intermedia und Thalassämie major sehr wichtig, dass dieses überschüssige Eisen durch eine entsprechende medikamentöse Therapie wieder aus dem Körper entfernt wird.

Jedes Hämoglobinmolekül enthält neben den zwei Beta-Ketten auch zwei Alpha-Ketten. Diese werden von vier Genen kodiert. Fehlt eine Alpha-Kette, liegt eine Thalassämie minor vor. Auch diese Form kann mit einer Eisenmangelanämie verwechselt werden.
Fehlt mehr als eine Alpha-Kette, ist die Blutarmut entsprechend ausgeprägter. Es können Transfusionen erforderlich werden.

Sollten die Alpha-Ketten komplett fehlen, muss das noch Ungeborene bereits im Mutterleib eine Blutübertragung erhalten, sonst wäre es nicht lebensfähig. Diese für Mutter und Kind lebensbedrohliche Situation sollte möglichst vermieden werden. Daher sollten sich Paare, bei denen ein Elternteil unter einer Alpha-Thalassämie minor leidet, im Vorfeld untersuchen und beraten lassen.

Bei der Kugelzellenanämie ist neben der Gabe von Erythrozyten-Transfusionen in seltenen Fällen eine operative Entfernung der Milz (Splenektomie) erforderlich. In den überwiegenden Fällen ist jedoch keine Behandlung notwendig.

Bei erworbenen Ursachen wie einer Hämolyse durch das Immunsystem kommen Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken, zum Einsatz, wie zum Beispiel Kortison. Bei den angeborenen Ursachen unterscheidet sich die Behandlung je nach der vererbten Ursache.

Sprechstunde

Spezialsprechstunde Anämien

Dr. med. Anette Hoferer
Dienstag, 9 – 15 Uhr
Freitag, 9 – 12 Uhr

nach Vereinbarung

Terminvereinbarung unter
Telefon 0711 8101-2001

ccc-ambulanz@rbk.de