Zum Hauptinhalt springen

Diagnostische Verfahren

Abteilung für Pathologie

Feingewebliche Untersuchungen (Histopathologie)

Werden Gewebeproben auf mögliche Veränderungen untersucht, handelt es sich um eine histologische Untersuchung, bei einzelnen Zellen um eine zytologische Untersuchung.

Die Gewebeprobe wird mithilfe einer Biopsie, Punktion oder im Rahmen einer Operation entnommen, hauchdünne, ja Bruchteile eines Millimeters, Gewebeschnitte angefertigt und angefärbt sowie anschließend mikroskopisch untersucht.

Dabei soll der histologische Befund folgende Fragen beantworten: Liegt eine bösartige Gewebeveränderung, also ein Tumor, vor? Wie viel Gewebe ist um den Tumor herum bereits betroffen? Hat sich der Krebs bereits ausgedehnt, liegen Metastasen vor? Welches Tumorstadium liegt vor? Gibt es Hinweise darauf, wie schnell der Tumor wächst? Spielen Veränderungen von Genen eine Rolle?

Für die Beantwortung dieser Fragen können wir auf weitere moderne Untersuchungsverfahren wie die immunhistochemische Untersuchung oder molekularpathologische Untersuchungen zurückgreifen. Krebszellen können dadurch spezifisch klassifiziert werden. Dies ermöglicht eine personalisierte Krebstherapie, bei der auf die jeweilige Patientin:den jeweiligen Patienten individuell zugeschnittene moderne Therapien angewendet werden. So können wir beispielsweise Hinweise darauf erhalten, ob die betroffenen Patient:innen auf ein bestimmtes Medikament ansprechen oder einer an Brustkrebs erkrankten Patientin möglicherweise die Chemotherapie erspart werden könnte.

Zytologische Diagnostik

Die zytologische Untersuchung gibt Aufschluss darüber, ob es sich bei den entnommenen Zellen um unauffällige oder auffällige, wie zum Beispiel krebsverdächtige, Zellen handelt. Die Zellen werden dabei üblicherweise aus Punktionsmaterial aus Organen und Körperhöhlen, Abstrichen, Sekreten wie Urin oder anderen Körperflüssigkeiten gewonnen, aufbereitet, mittels Färbemethoden sichtbar gemacht und anschließend unter dem Mikroskop analysiert.

Liegt eine Zellveränderung vor, und ist von einer bösartigen Veränderung auszugehen, muss der Befund in der Regel durch eine Gewebeentnahme mit anschließender histologischen Untersuchung bestätigt werden.

Große Bedeutung hat die zytologische Diagnostik in der Krebsvorsorge insbesondere bei gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen (etwa am Gebärmutterhals), sowie in der Tumornachsorge.

Molekularbiologische Untersuchungen (Molekularpathologie)

Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet der Pathologie, welches insbesondere in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat, ist das Auffinden typischer Genmutationen in Tumorgeweben. Diese zusätzlichen Informationen zur Tumorgenetik ermöglichen die Planung von individuellen Tumortherapien (sogenannte targeted therapy), die häufig bahnbrechende Erfolge in der Krebsbehandlung bringen. Um die bestmögliche Therapie zu planen, ist eine präzise Aussage über die Tumorhistologie und die Tumorgenetik, insbesondere für die Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Robert Bosch Krankenhaus, von essentieller Bedeutung. In interdisziplinären, molekularen Tumorboards werden die Ergebnisse der pathologischen und molekularpathologischen Befunde mit den (molekularen) Onkolog:innen besprochen. Anhand der vorliegenden Befunde kann die Therapiestrategie für jede Patientin und jeden Patienten individuell geplant werden.

Die Beobachtung bestimmter genetischer Veränderungen spielt auch in der Tumordiagnostik eine wichtige Rolle: So kann die Klassifikation von Tumoren mit Hilfe bestimmter genetischer Veränderungen optimiert werden, was wiederum die Therapieentscheidung beeinflussen kann. Die Molekularpathologie bietet ein umfassendes Spektrum klinisch-onkologischer und diagnostisch relevanter Untersuchungen innerhalb der molekularen Tumordiagnostik an. Die molekulare Diagnostik von Patient:innen mit Lungenkrebs erfolgt am RBK Lungenzentrum Stuttgart des Robert Bosch Krankenhauses nach den Richtlinien des nationalen Netzwerkes Genomische Medizin (nNGM) Lungenkrebs.

Eine weitere wesentliche Aufgabe der Pathologie ist die Erregerdiagnostik. Hierbei werden in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Laboratoriumsmedizin Erreger bestimmter Infektionen mittels molekularbiologischen Untersuchungen nachgewiesen.

Das Leistungsspektrum der Molekularpathologie umfasst eine Vielzahl  von Untersuchungen (Mutations-, Fragmentlängen- und Translokationsanalysen). Die Analyse von Marker-Genen spielt für die individualisierte Therapie bei Tumorerkrankungen eine wesentliche Rolle. Gleichzeitig dienen sie der Qualitätssicherung in der Diagnosestellung.

Im Bereich der Mutationsanalyse kommen Sanger-Sequenzierungen bei den Einzelgen-Untersuchungen und Parallelsequenzierungen mit Genpanels für die gleichzeitige Analyse mehrerer Gene (Panel-Sequenzierungen mittels NGS) zum Einsatz.
Darüber hinaus sind Fragmentlängenanalysen (Klonalitätsanalysen der B- und T-Zell-Rezeptoren bei malignen Lymphomen und Mikrosatelliteninstabilität) und Translokationsanalysen  mittels Fluoreszenz in situ Hybridisierungen, sowie die Untersuchung von Liquid Biopsy-Proben Teil unseres Standard-Repertoires.

Die Next Generation Sequencing (NGS)-Technologie ermöglicht die gleichzeitige Analyse mehrerer Gene in tumorspezifischen Panels. Hierfür ist ein Mindest-Tumorzellgehalt von 10% erforderlich.

Folgende Panels sind Teil unseres Leistungsspektrums:

DNA-Panel für nichtkleinzellige Lungenkarzinome (nNGM-Panel)
ALK, BRAF, CTNNB1, EGFR, ERBB2, IDH1, IDH2, FGFR1, FGFR2, FGFR3, FGFR4, KRAS, MAP2K1, MET, NRAS, PIK3CA, PTEN, TP53, ROS1, NTRK1, NTRK2, NTRK3, RET, HRAS, STK11, KEAP1

DNA-Panel für BRCA1/2 (Qiagen)

DNA-Panel für Myeloische Erkrankungen (Myeloid DNA Panel, Qiagen)ABL1, ANKRD26, ASXL1 , BRAF, CALR, CBL, CEBPα, CSF3A, DDX41, DNMT3A, ETV6, EZH2, GATA2, FLT3, IDH1, IDH2, JAK2, KIT, KRAS, MPL, NPM1, NRAS, PTPN11, RUNX1, SETBP1, SF3B1, SH2B3, SRSF2, TET2, TP53, U2AF1, WT1, ZRSR2

RNA-Panel zum Nachweis Therapie-relevanter Fusionsproteine:
ALK, BAG4, BRAF, CCDC6, CD74, CUX1, EGFR, EML4, ETV6, EZR, FGFR1, FGFR 2, FGFR3, GOPC, HIP1, KIF5B, KLC1, LRIG3, MET, MPRIP, NRG1, NTRK1, NTRK2, NTRK3, RAD51, RET, ROS1, SDC4, SLC34A2, STRN, TACC3, TFG, TPM3, TPR, TRIM33

Zum Nachweis von somatischen Mutationen bestimmter Gene werden Sanger-Sequenzierungen durchgeführt. Diese Untersuchungen basieren auf einer PCR-Amplifikation der potenziell mutierten Genabschnitte (Exone) und erfordern einen Mindest-Tumorzellgehalt von 25%.

Folgende Gene/Genregionen sind Teil unseres Leistungsspektrums:

BRAF: Exon 11 und 15
CALR: Exon 9
CTNNB1 (beta-Catenin): Exon 3
CXCR4: Exon 1
EGFR: Exon 18-21
ID3: Exon 1 und 2
JAK2: Exon 12 und 14
KIT: Exon 9, 11, 13 und 17
KRAS: Exon 2-4
MET: Exon 14-Skipping
MPL: Exon 10
NRAS: Exon 2-4
NOTCH1: Exon 26, 27 und 34
PDGFRA: Exon 12 und 18
SRSF2: Exon 1
SF3B1: Exon 14 und 15
TP53: Exon 4-8
PIK3CA: Exon 8, 10 und 21
IDH1: Exon 4
POLE: Exon 9, 13 und 14

Zum Nachweis bekannter Punktmutationen an einem definierten Nukleotid bestimmter Gene führen wir Allel-spezifische PCRs durch. Für diese PCR-Methodik ist ein Mindest-Tumorzellgehalt von 5% ausreichend.

Folgende Mutationen sind Teil unseres Leistungsspektrums

BRAF V600E
JAK2 V617F
MYD88 L265P
KIT D816V


Zum Nachweis chromosomaler Veränderungen wenden wir die Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) an. Mittels FISH können sowohl Translokationen als auch Deletionen oder Amplifikationen nachgewiesen werden. Folgende Analysen sind Teil unseres Leistungsspektrums in den verschiedenen Tumorentitäten:

Lungenkarzinome

ALK-Translokation
NTRK1-Translokation
NTRK2-Translokation
NTRK3-Translokation
RET-Translokation
ROS1-Translokation
HER2-Amplifikation
MET-Amplifikation
FGFR2-Translokation

Leukämie/Lymphome

ALK-Translokation
BCL2-Translokation
BCL6-Translokation
CCND1-Translokation
DUSP22-Translokation
FGFR1-Translokation
FGFR3-Translokation
FIP2L-CHIC2/PDGFRA  (4q12-Deletion/Translokation)
MALT1-Translokation
MYC-Translokation
t(9;22) BCR-ABL-Fusion
t(8;14) MYC-IGH-Fusion
t(15;17) PML-RARA-Fusion
1p36-Deletion
5q31; 5q33-Deletion
11q23-Zugewinn/11q24-Verlust

Sarkome

CHOP (DDIT3)-Translokation
EWSR1-Translokation
FOXO1-Translokation
FUS-Translokation
SYT (SS18)-Translokation
t(17;22) COL1A-PDGFB-Fusion
MDM2-Amplifikatio

Für die Fragmentlängenanalysen wird ein Mindest-Tumorzellgehalt von 10% benötigt. Folgende Untersuchungen sind Teil unseres Leistungsspektrums:

  • Klonalitätsanalysen von B- und T-Zell-Rezeptoren in malignen Lymphomen (Biomed)
  • Mikrosatelliteninstabilität (MSI; NCI-Bethesda-Panel): Diese Untersuchung basiert auf der vergleichenden Analyse der MSI-Profile von Tumor- und Normalgewebe, d.h. die Einsendung von Tumor- und Normalmaterial ist in diesem Fall zwingend erforderlich.

Mittels Liquid Biopsy (Blutentnahme) ist es möglich  zellfreie Tumor-DNA (cfDNA) zu gewinnen. Dies ist in der Tumordiagnostik von großem Interesse, da sowohl therapierbare Mutationen, als auch Mutationen die zu Resistenzen führen, in metastasierenden Tumoren an cfDNA frühzeitig nachgewiesen werden können. Bei bereits erfolgter gewebebasierter molekularpathologischer Diagnostik, kann auf eine erneute Biopsie verzichtet werden und die veränderte Tumorgenetik an  der cfDNA überprüft werden. Wir führen die cfDNA-Analyse bei nichtkleinzelligen Lungenkarzinomen in Kooperation mit der Molekularpathologie der Universität Tübingen durch.

Immunhistochemische Untersuchungen

Nicht alle Tumore können alleine aufgrund ihrer Gewebeveränderung im Rahmen der histologischen Untersuchung sicher eingeordnet werden. Immunhistochemische Untersuchungen ergänzen die Gewebediagnostik und dienen der weiteren Tumordifferenzierung. 

Mithilfe immunhistochemischer Verfahren werden beispielsweise Gewebe- und Zellstrukturen mit an speziellen Antikörper gekoppelten Farbstoffen angefärbt. So lassen sich Proteine spezifisch im Gewebe und auf Zellen nachweisen und zusätzliche Informationen zur Gut- oder Bösartigkeit und zur Tumorentität und/oder dessen Subtyp ableiten.
Weiter ist die Immunhistochemie bedeutend für eine zielgerichtete Krebstherapie, zum Beispiel ob der Tumor auf ein bestimmtes Medikament oder eine bestimmte Therapie anspricht.

In unserem auf die Immunhistochemie spezialisierten Labor werden mit Hilfe von modernen Färbeautomaten nahezu vollautomatisch täglich zahlreiche immunhistochemische Färbungen durchgeführt. Diese sind in der modernen pathologischen Diagnostik unerlässlich. Es wird ein großes Panel von über 200 verschiedenen Antikörpern vorgehalten, das eine genaue Klassifizierung bösartiger Tumore ermöglicht.