Nachbetreuung von Patient:innen nach Nierentransplantation
Patient:innen, die eine Niere transplantiert bekommen haben, benötigen eine intensive Nachbetreuung. Nicht nur, weil es sich bei einer Nierentransplantation um eine komplexe Operation handelt. Sondern auch, weil es beim Leben mit dem neuen, nicht körpereigenen Organ einiges zu berücksichtigen gibt.
Das Robert Bosch Krankenhaus selbst ist kein Transplantationszentrum, gehört jedoch zu den wenigen Kliniken in Deutschland, die für die Nachsorge von nierentransplantierten Patient:innen und von Betroffenen mit einer kombinierten Transplantation von Pankreas und Niere zugelassen sind. Hierfür arbeitet die Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie des Robert Bosch Krankenhauses eng mit kooperierenden Transplantationszentren zusammen.
Dank der immensen Fortschritte in der Medizin und der Medizintechnik ist es inzwischen möglich, kranke Nieren im Zuge einer Transplantation durch gesunde zu ersetzen. Dabei muss es sich nicht um die Nieren eines Verstorbenen handeln. Auch nahestehende Personen der Patient:innen können ihnen eine Niere spenden. Diese sogenannte Nierenlebendspende bietet durch ihre bessere Planbarkeit und Zügigkeit einige Vorteile gegenüber der konventionellen Nierentransplantation.
Doch einerlei, welcher Weg zur neuen Niere führt: Stets handelt es sich dabei um einen großen Einschnitt in das Leben. Nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Deshalb basiert die Nachbetreuung von Nierentransplantierten bei uns in der Abteilung für Allgemeine Innere Medizin und Nephrologie am Robert Bosch Krankenhaus auch auf einem ganzheitlichen Konzept.
Abstoßung: das größte Problem
Alles, was körperfremd ist, bekämpft unser Immunsystem. Dieser lebenswichtigen Feindabwehr fallen jedoch auch transplantierte Organe zum Opfer – selbst wenn sie das Leben des Organempfängers retten können. Um diese sogenannte Abstoßungsreaktion zu unterdrücken, müssen lebenslang nach einer Transplantation spezielle Medikamente eingenommen werden, die das Abwehrsystem bremsen: die sogenannten Immunsuppressiva. Ohne diese Wirkstoffe würde die neue Niere nicht akzeptiert, sondern permanent als fremd bekämpft werden. Das könnte nicht nur den Verlust dieses Organs bedeuten, sondern auch schwerwiegende andere Konsequenzen für die Patientin:den Patienten nach sich ziehen.
Doch die dauerhafte Einnahme von Immunsuppressiva birgt einige Risiken. Vor allem erhöht sie die Anfälligkeit gegenüber Infektionen, denn das supprimierte Immunsystem kann sich nicht mehr so effektiv gegen Krankheitserreger wehren. Darüber hinaus können Immunsuppressiva zu Veränderungen des Blutbildes sowie zur Erhöhung der Blutzucker- und Leberwerte und auch des Blutdrucks führen. Diese und andere Nebenwirkungen gilt es bei Nierentransplantierten stets zu beachten.
Regelmäßige Untersuchungen
Die Nachsorge besteht vor allem in regelmäßigen Kontrolluntersuchungen der nierentransplantierten Patient:innen. Nur auf diese Weise können wir sicherstellen, dass gefährliche Komplikationen vermieden werden.
Blut und Urin liefern eindeutige Indizien für die Funktion der Nieren.
Bei der Analyse des Urins interessieren uns der Eiweißgehalt im Urin, sowie das eventuelle Vorhandensein von roten Blutkörperchen. Anhand dieser beiden Marker können wir bestimmen, wie es um die Verfassung der Niere steht. Auch Hinweise auf eine Infektion der Harnwege ergeben sich aus der Urinuntersuchung.
Im Blut bestimmen wir ebenfalls eine ganze Reihe an Parametern. In erster Linie interessieren uns das Kreatinin und der Harnstoff als Marker der Nierenfunktion. Weiterhin prüfen wir die Konzentrationen der Elektrolyte. Denn diese können sich bei einer gestörten Funktion der Niere kritisch verändern. Von Bedeutung ist auch die sogenannte Blutgasanalyse. Sie kann eine Übersäuerung des Blutes anzeigen, die unter Umständen mit Medikamenten behandelt werden muss. Den gleichen Grund hat die Bestimmung der Blutfettwerte. Sind diese erhöht, birgt das Risiken für die transplantierte Niere. Entsprechend müssen wir die Blutfette denn ebenfalls medikamentös korrigieren. Da die Immunsuppressiva die Blutzuckerwerte erhöhen können, müssen auch diese regelmäßig kontrolliert werden. Hat sich ein Diabetes entwickelt, muss dieser natürlich adäquat therapiert werden. Nicht zuletzt messen wir die Konzentration der Immunsuppressiva im Blut. Damit können wir erkennen, ob ihre Dosierung richtig ist oder ob diese erhöht beziehungsweise reduziert werden muss.
Ein gut eingestellter Blutdruck ist essentiell für den Erhalt der Transplantatniere. Deshalb gehört auch eine 24-Stunden-Messung zum festen Repertoire unserer Kontrolluntersuchungen.
Um Form, Größe und Umgebung der Transplantatniere zu prüfen, führen wir eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) durch. Damit können wir auch einen möglichen Aufstau des Harns erkennen, der gefährliche Folgen haben kann. Um die Durchblutung der transplantierten Niere zu beurteilen, bedienen wir uns bei der Sonografie zudem der sogenannten Dopplertechnik. Im Gegensatz zur herkömmlichen Ultraschalluntersuchung zeigt die Dopplersonografie neben den Organstrukturen auch die Blutströmung in den Gefäßen an.
Mitunter umfassen unsere Untersuchungen auch eine Punktion der Niere, wenn es um die Abklärung einer Verschlechterung der Nierenfunktion geht. Dabei entnehmen wir unter örtlicher Betäubung eine Gewebeprobe der Transplantatniere. Diese wird anschließend pathologisch unter dem Mikroskop untersucht.
Immunsuppressives Management
Ein weiterer Eckpfeiler der Nachbetreuung von Menschen mit einer Transplantatniere ist das sogenannte immunsuppressive Management. Dabei geht es darum, die Patient:innen umfassend in der Anwendung der Immunsuppressiva zu schulen. Denn diese Medikamente müssen sie lebenslang einnehmen und entsprechend ganz genau wissen, was sie dabei zu beachten haben.
Die wichtigste Botschaft an die Patient:innen lautet, dass sie ihre Medikamente unbedingt stets gemäß den ärztlichen Vorgaben einnehmen müssen. Eine unregelmäßige Einnahme der Immunsuppressiva ist eine der häufigsten Ursachen dafür, dass die transplantierte Niere versagt. Wurde die Einnahme einmal vergessen, darf die Dosis für die nächste keinesfalls eigenmächtig erhöht werden. In solchen Fällen sollten die Patient:innen stattdessen stets uns, ihre behandelnden Ärzt:innen, kontaktieren.
Nierentransplantierte sollten bei jedweder Inanspruchnahme ärztlicher Versorgung zu ihrer eigenen Sicherheit stets angeben, dass sie eine Transplantatniere tragen und auf Immunsuppressiva angewiesen sind. So kann bei etwaigen Komplikationen umgehend richtig gehandelt werden.
Was das Abstoßungsrisiko senkt, erhöht das Infektionsrisiko. Deshalb müssen Nierentransplantierte die Anzeichen einer möglichen Infektion erkennen können. Dazu gehören Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang trotz leerer Blase sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Auch eine erhöhte Körpertemperatur und Schmerzen im Bereich der transplantierten Niere können Indizien einer Infektion sein. Treten diese Beschwerden auf, sollten die Betroffenen unverzüglich ihre behandelnden Ärzt:innen informieren.
Die Patient:innen müssen darüber informiert sein, dass einige Medikamente die Spiegel der Immunsuppressiva im Körper deutlich beeinflussen – erhöhen oder senken – können. Zu diesen Wirkstoffen gehören unter anderem Antibiotika und einige Schmerzmittel.
Auch Durchfall und Erbrechen nehmen Einfluss auf die Immunsuppression: Sie können sie herabsetzen und so das Risiko für eine Abstoßung erhöhen.
Ein weiterer Risikofaktor ist Grapefruitsaft. Er wirkt sich auf eine ganze Reihe von arzneilichen Wirkstoffen aus. Bei Immunsuppressiva führt er dazu, dass sich deren Spiegel ungewollt erhöhen können. Deshalb sollten transplantiere Patient:innen generell keinen Grapefruitsaft trinken. Auch auf den Verzehr der Zitrusfrucht als Ganzes sollte verzichtet werden.