Angiographie und Interventionen

SIRT Selektive interne Radiotherapie

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Tumoren und Metastasen in der Leber zu behandeln. Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von der Tumorart, dem Ausmaß des Leberbefalls und der weiteren Therapieplanung ab. Alle Entscheidungen werden gemeinsam mit den Kollegen der Onkologie, der Chirurgie und der Gastroenterologie, meist im Rahmen einer fächerübergreifenden Fallbesprechung (Tumorboard), getroffen.

Neben Verfahren, bei denen der Zugang zum Tumor über die Blutgefäße erfolgt, können einzelne Lebermetastasen auch lokal mittels einer Radiofrequenzablation (RFA) behandelt werden.

Was versteht man unter einer selektiven internen Radiotherapie?

Die Selektive Interne Radiotherapie (SIRT) ist eine Form der Strahlentherapie zur Behandlung fortgeschrittener Tumoren und Metastasen in der Leber. Anders als bei der herkömmlichen Bestrahlung werden bei der SIRT die Krebszellen nicht von außen, also durch gesundes Gewebe hindurch, sondern direkt in der Leber bestrahlt. Hierzu werden radioaktiv markierte Kunstharzkügelchen über die Leberarterie in die Leber geleitet. Die Mikrokugeln gelangen so unmittelbar zum erkrankten Gewebe. Dort lagern sie sich ab, verkleinern den Tumor oder zerstören ihn sogar ganz.

Die SIRT wird vor allem dann eingesetzt, wenn eine Operation oder eine Chemotherapie nicht erfolgreich waren oder nicht in Frage kommen.

Wie wirkt die SIRT?

SIRT

Die SIRT ist eine minimal-invasive Therapie: Über einen Katheter werden Millionen Kunstharzkügelchen, die mit radioaktivem Yttrium-90 versehen sind, in die Leberarterie eingeschwemmt und auf diese Weise direkt zum erkrankten Gewebe geleitet.

Diese so genannten Mikrosphären (ca. 35 µm Durchmesser) lagern sich in unmittelbarer Nähe des Tumors ab, verschließen dort die kleinsten versorgenden Gefäße und geben ihre Strahlung ab. Dies behindert einerseits die Durchblutung des Tumors, andererseits kann die Strahlung direkt auf das erkrankte Gewebe wirken. Yttrium-90 setzt dabei Strahlen frei, die maximal einen Zentimeter in das umliegende Gewebe eindringen. Benachbartes Gewebe oder angrenzende Organe sind von der Bestrahlung deshalb kaum betroffen.

Wann kommt eine SIRT in Frage?

Eine SIRT kommt in Frage, wenn eine operative Entfernung des Lebertumors nicht möglich ist und auch andere Verfahren, wie zum Beispiel die systemische Chemotherapie, kein oder nur ein begrenztes Ansprechen des Tumors bewirkt haben. Es handelt sich um eine palliative Therapieoption. Nur in vereinzelten Ausnahmefällen kann eine Heilung der Tumorerkrankung erzielt werden, indem nach der SIRT beispielsweise eine Operation möglich wird. Eine Therapieentscheidung trifft Ihr behandelnder Arzt gemeinsam mit Ihnen.

Voruntersuchungen

Vor der Therapie mit den Mikrosphären wird zunächst eine ausführliche Anamnese des Patienten erhoben. Alle bereits vorliegenden Befunde müssen außerdem kritisch im Hinblick auf die Indikationsstellung und das Vorliegen möglicher Kontraindikationen hin überprüft werden.

Zur diagnostischen Abklärung werden meist weitere Voruntersuchungen benötigt, zum Beispiel eine kontrastmittelverstärkte Computertomographie des Brust- und Bauchraums, eine Magnetresonanztomographie oder eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET), um Tumormanifestationen außerhalb der Leber sicher ausschließen zu können. Neben der Tumorausbreitung wird auch die Leberfunktion durch Blutuntersuchungen überprüft.

Vor der SIRT wird eine angiographische Darstellung der Oberbaucharterien durchgeführt, über die die arterielle Gefäßversorgung der Leber, atypische Gefäßverläufe und makroskopisch sichtbare Umgebungskreisläufe zu benachbarten Organen dargestellt werden. Um Kurzschlussverbindungen zwischen Leber und Lunge (Shunts) ausschließen zu können, wird außerdem eine szintigraphische Untersuchung durchgeführt.

Durchführung der SIR-Therapie

Die Therapie erfolgt auf Basis einer interdisziplinären Indikationsstellung von Onkologen, Nuklearmedizinern und Radiologen und nach Sichtung der Laborergebnisse, der Schnittbilduntersuchungen und der PET-Untersuchung.

Nach lokaler Betäubung der Haut im Bereich der Leiste wird ein kleiner Schnitt (Inzision) gemacht, um einen dünnen Plastikschlauch (Katheter) in die Schlagader des Beckens einzuführen. Unter Durchleuchtungskontrolle und Kontrastmitteleinspritzung (Angiographie) wird der Katheter bis in die Leberarterie geschoben. Gefäße, die zum Beispiel den Zwölffingerdarm und den Magen versorgen, werden verschlossen, um ein Abfließen der Mikrosphären in diese Organstrukturen zu verhindern.

Anschließend sondiert man selektiv die linke und rechte Leberarterie mit dem Katheter und die eigentliche Behandlung wird durchgeführt. Durch die Betäubung der Haut spürt der Patient von dem Einbringen des Katheters in die Schlagader nichts. Bei der wiederholten Injektion von Kontrastmittel über den Katheter entsteht im entsprechenden Organbereich ein Wärmegefühl, das jedoch innerhalb weniger Sekunden wieder vergeht. Abhängig vom Ausmaß des Tumorbefalls werden ein Leberlappen oder beide Leberlappen behandelt.

Im Anschluss an die Therapie wird eine Bremsstrahlungsmessung zur Dokumentation der regelrechten Implantation und zum Ausschluss einer Verschleppung der Mikrosphären durchgeführt.

Nach Beendigung der SIRT wird ein Druckverband an der Einstichstelle in der Leiste angelegt und der Patient aufgefordert, etwa 4 bis 6 Stunden Bettruhe einzuhalten.

Dauer der Behandlung

Die Behandlung an sich dauert etwa 2 Stunden. Anschließend werden die Patienten zwei Tage auf Station beobachtet, bis der Großteil der Strahlenenergie von den Mikrosphären an das befallene Gewebe abgegeben worden ist.

Strahlenbelastung

Bei der SIRT wird ein kurz wirksamer Betastrahler in die tumorversorgenden Gefäße eingebracht. Betastrahler haben im Lebergewebe eine Reichweite von nur wenigen Millimetern bis zu 1 Zentimeter. Dadurch wird in der Leber bzw. im Tumor eine sehr hohe Strahlendosis erreicht, während das gesunde Lebergewebe bzw. die umliegenden Organstrukturen in nur geringem Maße Strahlen ausgesetzt sind.

Innerhalb der Leber entsteht allerdings durch Wechselwirkung mit dem Gewebe Röntgenbremsstrahlung, die eine größere Reichweite als die Betastrahlung aufweist. Daher ist in Deutschland ein 48-stündiger stationärer Aufenthalt erforderlich. Die Halbwertszeit des eingebrachten Yttriums liegt bei zirka 3 Tagen; nach etwa 11 Tagen ist keinerlei Strahlenemission mehr nachweisbar. Innerhalb der ersten Woche sollte daher ein enger Kontakt zu anderen Personen vermieden werden: Der Patient sollte beispielsweise nicht im selben Bett wie sein Partner schlafen und nicht länger als zwei Stunden im Flugzeug oder Zug neben einem Mitreisenden sitzen. Vor allem der Kontakt zu Schwangeren ist in den ersten Tagen nach der SIRT zu vermeiden.

Nebenwirkungen

Kurze Zeit nach der Behandlung kommt es häufig zu Schmerzen im Bereich der Leber und des Oberbauches, dazu auch zu Übelkeit oder Fieber. Verursacht wird dies durch die Embolisation der kleinen Lebergefäße. Die Beschwerden können jedoch mit Medikamenten behandelt werden.

Komplikationen

Die schwerste, während oder nach einer SIRT auftretende Komplikation ist die Verschleppung von Mikrosphären zum Beispiel in die Gallenblase oder den Magen. Hierdurch kann es zur Entstehung einer Gallenblasenentzündung bzw. eines Magengeschwürs kommen. Weitere Komplikationen sind:

  • in seltenen Fällen Strahlenhepatitis (Leberentzündung) bei eingeschränkter Leberfunktion
  • Strahlenpneumonitis (Lungenentzündung) durch Verschleppung von Sphären in die Lunge aufgrund von Umgehungskreisläufen (Shunts) zwischen Leber und Lunge
  • Infektionen

Im Regelfall lassen sich diese Komplikationen medikamentös beherrschen.

Was passiert nach der Behandlung?

Der Patient sollte im Anschluss an die Intervention für etwa 4 bis 6 Stunden Bettruhe einhalten. Bei der Therapie mit radioaktiven Stoffen schreibt der Gesetzgeber darüber hinaus einen stationären Aufenthalt von mindestens 48 Stunden vor.

Zur Kontrolle erfolgen in regelmäßigen Abständen körperliche Untersuchungen, sowie CT- oder MRT-Aufnahmen der Leber. Da die Größenabnahme des Tumors jedoch nicht unbedingt eine verminderte Tumoraktivität bedeutet, entsteht erst durch wiederholte PET-Aufnahmen und die Untersuchung des Blutes im Labor ein vollständiges Bild über den Behandlungserfolg.

Welche Informationen benötigen wir im Vorfeld?

  • einen ausführlichen Bericht des behandelnden Arztes mit der Schilderung der Beschwerden, den bisher bereits durchgeführten Therapiemaßnahmen und den relevanten Vor- und Begleiterkrankungen
  • eine aktuelle CT-, PET-CT- oder MRT-Untersuchung von Hals, Thorax und Abdomen
  • eine Überweisung des behandelnden Arztes

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Robert-Bosch-Krankenhaus
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